2050: Schreib mir die Zukunft!

Eine Mitmachaktion in diesem Blog!
2025 ist für den Börsenverein des deutschen Buchhandels eine magische Zahl. Derzeit werden bei den Mitgliedern heftig die sogenannten 55 Thesen für das Jahr 2025 diskutiert. Man kann sie unter dem Link nachlesen und wird Aussagen finden wie:
1. Alle gedruckte Medien verlieren an Bedeutung. Der Rückgang bei Buch, Zeitschrift und Zeitung liegt bezogen auf Vertriebserlöse jeweils bei über 25%.
2. Der stärkste Rückgang bei den Vertriebswegen für Bücher betrifft den stationären Buchhandel (-31%).
12. Der Sortimentsbuchhandel muss die durch Umsatzrückgang frei werdenden Flächen durch neue Produkte auffüllen.
Wahllos herausgegriffen, um zu zeigen, wie man sich im Börsenverein Gedanken um die Zukunft von Büchern, Verlagen und Buchhandel macht. Diejenigen, die die Inhalte dieser Bücher schöpfen, kommen in solchen Diskussionen leider seltenst vor.

Als Autorin drehe ich den Spieß einfach um. Und ich drehe das Zeitrad sogar noch um 25 Jahre weiter, auf 2050. Das ist in genau 39 Jahren, wenn die meisten dieser Manager bereits berentet sein werden und einige vielleicht gar nicht mehr leben. Es ist also ungefähr so, als hätte man einem jungen Menschen 1965 erzählen wollen, wie die Branche 2004 aussehen würde.

1965. Da gab es noch in Bleisatz und Tiefdruck hergestellte Lektüren, die moralischen und politischen Grundsätzen gerecht werden sollten. Zeitungen druckten noch auf den Maschinen der Nazizeit und brachten Tipps für die patente Hausfrau, deren größter Stress die neue Aufklärungliteratur werden sollte. Eltern kämpften vehement gegen die neue Pest aus Amerika, billig gedruckte Schundhefte, Comics, welche die gesamte Kultur und Bildung in den Abgrund treiben würden. Ein paar Schriftsteller lehnten sich gegen den Betrieb auf, indem sie eigene Literaturformen schöpften. Manche, natürlich wieder die Amerikaner, nahmen dazu sogar Drogen. Eine Elite von Bessergestellten konnte sich die ersten Fernseher leisten. Aber noch stand die Röhre nicht im Verdacht, die Lesekultur zu zerstören, noch ahnte man nicht, welche Macht sie entwickeln würde. Man hörte die Beatles auf Vinyl und galt damit als übler Revolutionär. Echte Bücher wurden in Leinen gebunden. Der erste Buchclub brachte sie auch in bildungsferne Familien. Wie hätten sich die Leute damals die Zukunft des Buchs im Jahr 2004 vorgestellt? 2000 war doch Science Fiction pur!

Wer hätte ahnen können, was dann alles passierte. Die erste Mondlandung, Millionen von Menschen gleichzeitig vor dem Fernseher. Die 1968er-Revolution mit einer Umwälzung sondergleichen in Kunst und Kultur, auch Literatur. Handhektografierte Fanzines, später Independent-Texte aus dem Copyshop. Bücher schrumpften zu Taschenbüchern, wurden für breite Massen erschwinglich. Schulen bekamen Bibliotheken. Die Revolutionäre nahmen die Literatur aus den bildungsbürgerlichen Geniestuben an sich, trugen sie auf die Straße, experimentierten mit Film. Was dann folgte, werden die meisten von uns erlebt haben: Die ersten Heimcomputer, die Atari-Spielewelle, der klobige Telefonhörer, der ein Modem war. Das Internet in Grellgrün auf Schwarz, die ersten Mailinglisten von Wissenschaftlern, geocities und compuserve. Videokassetten, CDs und schließlich DVDs, HD und Blueray. Internet nicht nur für Auserwählte, eine neues Schriftmedium für alle, Bücher zum Selbermachen, Bücher bei Tschibo, Bücher statt Pralinen und Schlüsselanhänger statt Bücher und jede Menge Texte, die keine Bücher mehr sein wollen.

LeserInnen und AutorInnen mangelt es zum Glück selten an Fantasie. Deshalb möchte ich heute ein Experiment starten.
Schreibt mir / schreiben Sie mir, wie die Zukunft unserer Lektüre im Jahr 2050 aussehen könnte! Was werden wir lesen, in welcher Form - wie und wo werden wir es uns besorgen? Werden wir noch lesen? Oder was für eine Buchzukunft wünscht ihr euch?
Verlassen wir unsere altbekannten Buchhandlungen, legen wir einmal den alten Goethe zur Seite. Stellen wir uns vor, auch uns stünden Revolutionen oder Mondlandungen bevor - oder Entsprechungen. Stellen wir uns vor, wir könnten unsere Zukunft frei gestalten. Alles ist möglich!

Und so wird's gemacht:
Ihr mailt mir euren kurzen Text (maximal 3300 Zeichen mit Leerzeichen) als virenfreie .txt-Datei (unformatierter Text!)
- und erklärt euch damit einverstanden mit einer Veröffentlichung in diesem Blog (und sämtlichen Aggregatoren, die diesen Blog spiegeln oder verbreiten). Alias ist möglich (wir wollen ja wichtige Branchenmenschen nicht outen), aber ich möchte wissen, wie euer Zugang zum Buch ist: LeserIn / AutorIn / BuchhändlerIn / VerlegerIn / LektorIn und was es alles gibt. Mailzugang hier (nicht abschrecken lassen!) Bitte dazuschreiben, unter welchem Namen veröffentlicht werden soll.

Formal seid ihr völlig frei, aber selbstverständlich behalte ich mir vor, Texte nicht zu veröffentlichen, die gegen die guten Sitten oder Gesetze verstoßen oder persönlich beleidigen oder plumpe Eigenwerbung bringen - das übliche Disclaimerzeug. Rechtschreibfehler sind erlaubt, ihr bekommt die Korrektur kostenlos - aber leider auch kein Honorar - wie die Blogmacherin selbst ... Ich werde übrigens vielleicht auch mitmachen...
Ich werde nur Texte berücksichtigen, die diese Vorgaben wirklich einhalten. So viel Intelligenz muss sein. Der Text mit 3500 Zeichen oder in anderer Dateiform oder ohne Zugang zum Buch fliegt gnadenlos in den Mülleimer.
Ich duze hier der Einfachheit halber, nehme aber natürlich auch gesiezte Mails an und antworte ordentlich.

Sollte ich wider Erwarten so viele Zuschriften bekommen, dass ich in ihnen ertrinke, werde ich leider die besten aussuchen müssen.
Überrascht mich! (Einsendeschluss gibt's keinen, weil die Serie lose mitlaufen soll)
Wenn ihr noch Fragen habt - einfach hier stellen.

8 Kommentare:

  1. Gute Idee, da werd ich mir gern was einfallen lassen. Allerdings nicht was realistisches innerhalb der von dir vorgegebenen Vorgaben, sondern wie ich mir das Optimum vorstelle, so wie das halt bei mir so ist.
    Ansonsten fällt mir auf, dass die ganzen von dir zitierten Dinge sehr unter den marktwirtschaftlichen Repressalien leiden, wie würde es wohl sein, wenn die wegfielen?
    Kennst du den?:
    http://www.das-ende-des-geldes.at/

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  2. Her damit! Darf ruhig Science-Fiction sein, eine Satire oder sonstwas. Ich muss halt realistische Fragen stellen, damit es sich nachher auch wirklich um Bücher und nicht um heiße Würstchen dreht ;-)
    Warum soll Geld in 39 Jahren also nicht untergehen?!
    Seid mutig. Wirklichkeit haben wir jetzt genug ;-)

    Der erste Text ist übrigens schon da, ich bedanke mich, kümmere mich aber erst morgen drum. Jetzt wünsch ich allen ein schönes WE,
    Petra

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  3. PS: Bücher dürfen natürlich auch völlig neu gedacht werden. Wenn ihr glaubt, dass wir in 39 Jahren so weit sind, Geschichten als grüne Paste zu essen, nun denn - aber das will ich dann auch glauben können ;-)

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  4. Hehe... das passt ja wunderbar zu unserer Seite, auch wenn SF eher ein Nebenschauplatz ist.

    Ich habe das mal als Nachtrag in die News gepackt, aber wundere Dich nicht, wenn das jetzt durch alle SF-Seiten geht. ;)

    Und ja, da muss ich mitmachen. :)

    Gruß,
    Teich

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  5. Frau van Cronenburg eine tolle Idee ... die auch ich gerne nach gehen werden. Meine Ideen, Denkweisen zu unseren Büchern in dem Vielleichtdenken von 2050.

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  6. Da hab ich mir ja was eingehandelt ;-) Demnächst wird mein Mailaccount in die Knie gehen und ich muss drei Redakteure zum Sichten Hunderter Texte einstellen ... Hülfe! ;-)
    Ich freu mich, dass das so Spaß macht!

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  7. Würde gern in meinem Blog einen Beitrag veröffentlichen mit Link auf diesen Beitrag. Einverstanden?

    Viele Grüße aus Essen,

    Gerhard Schröder

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  8. Gegen Links habe ich nichts, Herr Schröder, ich heiße ja nicht FAZ ;-)

    Allerdings bekomme ich langsam Muffesausen, wie sich die Idee überall verbreitet, auch bei FB - falls ich mit Texten zugeschüttet werden sollte, muss ich irgendwann vielleicht doch noch eine Deadline setzen? Oder eine Dauerserie etablieren...

    Das kommt davon, wenn man einfach macht und nicht nachdenkt ;-)

    Ich bin ganz begeistert, wie gut das ankommt.

    Schöne Grüße,
    PvC

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