The silliest Writer's Manual

Ich will endlich auch mal. Ich will endlich auch mal bekannt werden mit diesen überschlauen, heiß begehrten und gefeierten "Writer's Manuals", die in sieben, zehn oder elfeinhalb Punkten die Kunst des Berufes so auf den Punkt bringen, dass sich Grammatikunterricht und Persönlichkeit erübrigen. In den USA wird solch Schlauschwätz haufenweise in Zeitungen abgedruckt, in Social Media abgedrückt - und macht seine Autoren schnell berühmt, wenn sie es schon nicht mit einem eigenen Buch schaffen.

Der Vorteil dieser Ratgeberlisten: Man hat nicht viel Arbeit damit, aber eine verdammt gute Grundlage, verdammt teure Seminare und verdammt idiotische Ebooks an eine gierige Fangemeinde zu vertickern, die man mit ein wenig Geschick leicht zur religiösen Bewegung ausbauen kann. Und was so ein echter Guru ist, der verkauft dann auch seine eigenen, verdammt ungefragten Bücher wie Gott sein Manna. Ich will also auch mal.

Mein Führer ins Himmelreich erfolgreichen Schreibens, spiritual, healing, transformative, fun, delightful and full of everything and more

1. Putze öfter mal unter deinem Bett. Deine innere Stimme ist nicht dieser Typ im Hinterkopf, der dir dreimal täglich sagt, Spione aus CIA-Verlagen verfolgten dich. Es ist auch nicht dieser knubbeldicke kleine Lektor vor deinem dritten Auge, der nach jedem Essen "Zielgruppe!" brüllt. Deine innere Stimme ist dieses kleine, unterernährte, traurig anzusehende, vor Angst zitternde Ungeheuerchen namens Alp, dass sich zwischen Wollmäusen, Staub und abgeschnittenen Fingernägeln in der Dunkelheit unter deinem Bett versteckt.

2. Frag Tante Erna. Bevor du diese grandiose, weltbeste und nie zuvor dagewesene Idee in Schrift umsetzen und als Geißel auf die Menschheit loslassen willst, frag Tante Erna, was sie davon hält. Lobt sie dich, lass die Finger davon. Menschen mit besonders vielen lobenden Verwandten und Freunden kommen nie bei echten Verlagen unter. Bietet sie dir daraufhin ihr eigenes Tagebuch an, mach vielleicht lieber einen Kochkurs. Sollte sie dich jedoch umgehend enterben, könnte aus der Idee etwas werden.

3. Denk an die magische Drei. Sage und schreibe nie: "Wollte mit fünf Jahren immer schon Schriftsteller werden." Die unmöglichsten Typen, die gescheitertsten Schreiberlinge hatten mit fünf Jahren nichts Besseres zu tun und deshalb lernen deutsche Kinder auch ab sechs Jahren das Buchstabieren. Geh weiter zurück. Was wolltest du mit drei Jahren werden? Früh übt sich, wer ein Meister werden will! Du erinnerst dich nicht? Dann ergreife lieber einen der Berufe, die gescheiterte Schreiberlinge im Alltag ausüben.

4. Kaufe rote Gummibärchen. Du hast Angst vor dem weißen Blatt? Du fürchtest dich vor deinem eigenen Mut? Du zauderst vor dem bösen bösen Publikum, das dich gleich fressen will? Dann beiß ihm den Kopf ab - dem roten Gummibärchen. Von den berühmtesten Schriftstellern können wir lernen, dass Drogenkonsum zwar die Jahre bis zur Rente verkürzt, aber doch ganz hippe Bücher fördert. Ertränke deine gelben Gummibärchen in Wodka; lass die blauen kiffen, bis sie umfallen; füttere die grünen mit Tonnen von Schokolade. Aber beiß, verdammt noch mal, nur den roten den Kopf ab.

4 1/2. Schummelst du? Spiel eine Runde Mensch-ärgere-dich-nicht mit Freunden. Wenn du schummelst, brüllst und vor Freude oder Häme hemmungslos kreischst, hast du Potential, im Handumdrehen fiese Charaktere zu kreieren.

5. Blogge: It's showtime! Schreiben ist Psychoarbeit. Schreiben verlangt die Konfrontation mit den eigenen Schatten. Damit du das eines Tages fiktiv an Figuren im Buch beherrschst, blogge vorher so viel wie möglich über deine peinlichsten Seelenzustände. Erzähle potentiellen Lesern, woher deine Depressionen kommen und warum du als Kind mit dem Klammersack gepudert wurdest. Kotz dich in deinem Blog aus, wenn es dir nicht gut geht, wenn die Welt schlecht ist oder wenn du wieder eine deiner Marotten hast. Merke: Jeder deiner Blogleser wird dadurch sofort verstehen, warum dein Herzensprojekt nie zum Buch werden wird.

6. Belohne dich selbst. Du hast es geschafft, eine leere Seite Papier auszuhalten? Einen Tag lang? Sogar zwei oder drei? So viel Durchhaltekraft hat eine Belohnung verdient. Nimm die leeren Seiten und drucke darauf Passagen aus deinen Lieblingsbüchern aus. So einfach ist das, Seiten zu füllen! Du kannst es also auch künftig anderen überlassen.

7. Bastle eine Wachspuppe. Schau dir zuvor den Kerl genau an: den inneren Zensor. Das ist der wilde Typ, der dir Steine in den Weg legt, der dir sagt, du müsstest vor dem Schreiben erst deine Fingernägel schneiden, den Hund und den Mann füttern, die Lektorin befriedigen, die Zielgruppen einladen, den Duden studieren und Exposés schreiben. Forme den inneren Zensor in Wachs. Erfülle Schritt 1. Stecke die unterm Bett gefundenen Fingernägel in die Wachspuppe. Verbrenne sie unter Zuhilfenahme deines Manuskripts. In der Regel müsste sich danach wenigstens deine Wohnung freier fühlen.

8. Prüfe die Protagonistin. Ist deine fiktive Hauptfigur auch wirklich eine starke Frau? Prüfe dein Manuskript daraufhin inständig. Solltest du weder eine Hauptfigur noch ein starkes Weib noch Fiktion finden, schreibst du aller Wahrscheinlichkeit nach ein Sachbuch. Bleib stark.

9. Keine Plagiate! Wenn dir absolut nichts einfallen will, schreib nicht das Telefonbuch ab. Das haben schon andere vor dir versucht. Aus der letzten Telefonbuchsammlung wurde eine Anthologie namens Bibel. Du willst nicht wirklich deinen Protagonisten bis ins siebte Glied mit dem Antichristen in Konflikte stürzen. Nimm wenigstens das Telefonbuch von München, da hast du gleich ein paar sakrische Verlagsnamen drin.

10. Kannst du dir sparen! Ehrlich. Wenn du nicht mindestens eins meiner verdammt teuren Seminare belegt  oder mindestens eins meiner verdammt idiotischen Schreibratgeber-Ebooks gekauft hast, wird aus dir nie ein ordentliches Schreibersektenmitglied. Mach es wie Tante Erna. Schreib Tagebuch und nerve Verlage damit. Sollen sich andere mit dir herumärgern.

13 3/4. Finde keinen Verlag und werde trotzdem berühmt. Denn auch ich habe mit diesem essentiellen, überragenden, supereffektiven, zielguppengerichteten, trendigen Schreibratgeber eines starken Weibs als Hauptautorin keinen Verlag gefunden. Trotzdem möchte ich wetten, dass mindestens drei verdammt beeinflussbare Typen dieses Machwerk zur Vergrößerung meiner Berühmtheit weiterempfehlen werden.

11. Do it!

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5 Kommentare:

  1. Also, sind Sie jetzt mein Guru?

    Obwohl Sie da ja sehr lange und komplizierte Worte benutzt haben die ich garnicht in Twitter gebrauchen kann.

    Haben Sie vielleicht eine Kurzfassung die ich benutzen kann?

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  2. Die Kurzfassung für Twitter ist ganz einfach:
    http://bit.ly/dkpEtT

    Noch kürzere Fassungen kosten selbstverständlich einen verdammt hohen Aufpreis!

    Der Guru

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  3. Isch will ja nich erbsenzählerischer sein als wie nötich, aber Gott hat sein Manna rechnen lassen, es hattet nich vertickert.

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  4. Du wirst zur künftigen Guru-Lektorin ernannt. Ich gestehe, dass das Bild nicht stimmt, aber es war einfach ZU schön. Bist du sicher, dass da nicht irgendwo ein Klingelbeutel herumgereicht wurde? ;-)

    Falls ich mal das verdammt idiotische Ebook mit solchen Texten teuerst verkaufen sollte, bräuchte ich also dringend eine Lektorin. Gegen Manna vielleicht?

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  5. Isch tät dann statt dem Manna den Zander in Riesling nehmen, oder den Coq au Riesling!

    Was kannste noch?

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