Beuys, ein Ofen und keine Schuhe

Seit meiner Kindheit habe ich ein lächerliches Problem: Wenn ich mich in innerem Aufruhr, vor allem höchster Freude, befinde, knallen alle Glühbirnen in meinem Umfeld durch. Zum Glück halten mich Energiesparbirnen aus. Aber ich habe auf diese Art auch schon einen Schaltercomputer auf der Bank und eine Kühltruhe im Supermarkt ausgeschaltet - wie peinlich. Ein Mensch von einer großen Computerfirma hat mir einmal erklärt, man nenne das "electric people". Das seien Leute, die zeitweise statische Energie akkumulieren können, anstatt sie ständig abzugeben. Nun denn - seit Energiesparzeiten bleibt es bei mir hell. Doch als ich gestern nach meinem Hühnchen sehen wollte, fiel mir plötzlich die Glasplatte der Ofentür vor die Füße. Und bis das Hühnchen fertig war, merkte ich nicht einmal, dass ich zunehmend fror. Die Elektronik der Heizung unter mir war ausgefallen. Vielleicht alles Zufall, aber die Freude gestern war gigantisch!

Eigentlich war Beuys schuld. Ich plauderte nämlich zufällig mit einem Anwalt für Urheberrecht über den Nachlass des Künstlers und den Streit um die Fotosammlung. Da kam ich plötzlich auf die glorreiche Idee, zu fragen: Sag mal, wie ist das eigentlich mit den Fotos von Nijinsky? Gilt da auch die Regel, dass der Fotograf 70 Jahre tot sein muss? Wer aber hält die Rechte an Abzügen oder überhaupt? Zum Glück habe ich gefragt!

Kurz und knapp gesagt, muss der Fotograf natürlich 70 Jahre tot sein, dann ist alles rechtefrei und nur eine Frage der Beschaffung. Und dann ist es wieder auch nicht so einfach, weil sich die Frist in der Fotografie seit 1900 laufend verändert hat, weil Nijinsky in unterschiedlichen Ländern fotografiert wurde und weil auch die Nationalerbe sich verändert haben (es gibt z.B. Fotos aus dem Besitz des Zarenreichs). Ein Glück, wenn man den Fachmann fragen kann! Ich will hier keine Vorlesung halten - wer mit ähnlichen historischen Themen arbeitet, wird das von Fall zu Fall abklären müssen. Für mich war es jedenfalls Grund für einen Jubelschrei!

Denn jetzt weiß ich genau, mit welchen Fotos ich auf der sicheren Seite bin. Es sind genug und genügend sehr schöne, um das Nijinsky-Buch nun auch zu bebildern. Damit kann ich sogar den Nijinsky aufs Cover bringen, ohne zu verarmen! Ich kann sogar eine ganz besondere Grafikidee verwirklichen, die ich bisher für unbezahlbar hielt. Natürlich bin ich sofort auf die Suche gegangen. Ich weiß wirklich nicht, warum Frauen angeblich so gerne Schuhe kaufen, ich hasse das. Aber ich kann sie verstehen, wenn sie dabei auch nur halbwegs das Jagdfieber und die Freude empfinden, die ich gestern hatte! Unbeschreiblich, dieser Zustand zwischen Entdeckerfreude und purer Jagderotik, wenn ich in der Library of Congress wühle oder in der Nationalbibliothek von Paris. Ich vergesse dann alles um mich herum, sogar eine ausgefallene Heizung bei minus einem Grad Außentemperatur.

Und wie ich mich so vor mich hinfreue, dass ich nun wenigstens die bekannten Bilder ohne große Unkosten ins Buch nehmen kann, stolpere ich doch tatsächlich über etwas, das ich mir gar nicht habe träumen lassen. Wahrscheinlich können nur Irre aus ähnlichen Metiers nachvollziehen, warum man sich über eine solche "Kleinigkeit" so erregen kann. Ich jedenfalls hüpfe innerlich immer noch. Ich habe ein Bild gefunden, das meines Wissens so gut wie bisher unveröffentlicht ist. Mag sein, dass es in irgendeinem schrägen uralten Katalog vielleicht irgendwo auf der Welt auftaucht - in den gängigen Ballets-Russes-Veröffentlichungen ist es jedenfalls nicht zu finden. Es passt auch nicht ins Bild, das man sich so gern von Nijinsky macht. Und genau darum ist es so wertvoll - es zeigt seine andere Seite. Es ist von einem berühmten Menschen. Und es ist rechtefrei. Ich zahle nur für die Digitalisierung drei, vier Euro.

Dass das Buch nun mehr als zwei großformatige Bilder bekommen kann, wirkt sich natürlich auf das Layout und damit die Herstellung aus. Jetzt soll das Buch auch ein außergewöhnlich schönes Format bekommen (Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen sowieso).

Ich zwinge mich jetzt, während des Herunterladens von Fotos (was liebe ich diese Internetverbindungen bis nach Amerika!) meine Übersetzung zu Ende zu bringen. Danach sollte ich mich mal langsam (von PaintShop Pro) in Photoshop einlernen... Das Schlimme ist nämlich: Ich sehe das Buch schon komplett mit Cover vor mir!
Doch vorher wollen noch zwei Interviews mit Fachleuten geführt werden, Texte geschrieben, lektoriert, korrigiert werden...

PS: Eben noch mehr unbekannte Fotos von Nijinsky gefunden!!! Das wird ein Buch...

3 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Nijinski? Wer ist Nijinski? So dachte ich jedenfalls letztes Jahr, als ich bei Twitter auf den Namen aufmerksam wurde. Also bin ich über Google & Co. auf Spurensuche. Ballets Russes, ja von denen hatte ich irgendwo schon einmal gehört/gelesen. Aber erst auf den Fährten von PvC (nicht zu verwechseln mit Polyvinylchlorid) fing die Figur Nijinski an spannend zu werden. Und wie das oft so ist, wenn die Sensoren erst einmal aktiviert sind, tauchte der Name auch noch plötzlich hier in Halle auf. Ralf Rossa plante mit seiner Compagnie die Inszenierung des Balletts "Nijinski" am hiesigen Opernhaus.
    Aber meine Neugierde auf die Geschichte des Tänzers Vaslav Nijinsky war ohnehin schon geweckt. Auch weil hier im Blog immer wieder über einzelne Arbeitsschritte zum Buch und über die kleinen Momente am Rande berichtet wurde.
    Der aktuelle Blogeintrag ist mal wieder eine Illustration des Accountnamens "Buchfieber" auf Twitter.
    Wie gesagt, Neugierde war schon länger da, aber jetzt wächst die Spannung. Wann kann man es endlich in den Händen halten, das Buch? Noch wichtiger: wann kann man es endlich lesen?

    Thomas Schult (alias @SALIKUS_Halle)

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  3. Das ist das schönste Kompliment, das ich bekommen kann - jemanden mit Interesse oder sogar Begeisterung für eine Sache anstecken zu können, für die er sich vorher vielleicht nie interessiert hat. Danke! Ging mir mit dem Nijinsky ja genauso! Ach, irgendein Ballettänzer... ich und Ballett - ich schaue mir sowas an, habe aber eigentlich keine Ahnung...

    Und dann packte es mich mit Haut und Haaren, als ich seine Tagebücher las - übrigens, wie ich inzwischen weiß, DIE Einstiegsdroge für die meisten Fans.

    Und vielleicht kann ich Sie noch ein wenig neugieriger machen, wenn ich Ihnen verrate, dass das Wörtchen "Halle" auch im Buch vorkommen wird - und durchaus die Stadt meint. ;-)

    Wann - ich wollte es eigentlich vor dem Weihnachtsgeschäft schaffen, warte aber bis in den November hinein noch auf Fremdmaterial. Und ich weiß nicht, wie dämlich ich mich bei der Herstellung anstellen werde, obwohl ich da zur Not auf Profis zurückgreifen kann. In meiner Bastelserie hier wird man das aber rechtzeitig erfahren.
    Ich will mich zwar beeilen, aber nicht so, dass das Buch an irgendeiner Stelle darunter leidet!

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