Autorenhonorierung

Passend zu meinem Beitrag über die armen Contentsäue gibt's im Buchreport-Blog einen Beitrag, in dem sich Leander Wattig Gedanken zu Autorenhonorierungen macht. Seine Idee: Zusätzlich zu Tantiemen könnten sich Autoren über freiwillige Spenden von LeserInnen finanzieren und es könnten mehr Bücher über Abstimmungsplattformen produziert werden.
Ich habe in einem Kommentar dort das System hinterfragt.

13 Kommentare:

  1. Mein erster spontaner Gedanke beim Lesen deines Blogeintrags: Autoren sind doch keine Bettler!

    Dann hab ich mir den Artikel durchgelesen (besser gesagt, sehr bald nur überflogen, da er mir viel zu lang und für diese Länge viel zu dürftig war).

    Und wenn ich das richtig verstanden hab, sind wir am Schluß des Artikels (bzw. in der Antwort auf deinen Beitrag) wieder bei meinem spontanen Anfangsgedanken.

    Ach ja, man kann viel Unfug schreiben als Unternehmensberater, der von der anderen Seite der Medaille nur wenig Ahnung hat.

    AntwortenLöschen
  2. "Autoren sind keine Bettler!"

    Na, wenn man sich die Vergangenheit so anschaut, dann befürchte ich, dass viele von der Hand im Mund lebten und erfreut jede Spende bereitwillig einsteckten.

    Joseph Roth war ständig in Geldnöten und pumpte Stefan Zweig an (der keine finanziellen Sorgen hatte, da er aus einer begüterten Familie stammte). Robert Musil wurde durch Autorenkollegen kräftig finanziert. Die Kaffeehausliteraten in Wien hatten manchmal nicht mal das Geld für ein zweites Paar Schuhe.

    Nein, gebettelt haben sie freilich nicht, aber wenn man ihnen gegeben hat, haben sie genommen. Ich würde es nicht anders machen. Wer mich als Autor "fördern" will, ist herzlich eingeladen. Da spielt es keine Rolle, wie diese Förderung abgewickelt wird, ob flattr, kachingle, Buchverkauf, Essenseinladung, Sachgeschenke, Vorbestellung, Kontakt zu einer wichtigen Person usw. und so fort.

    Ja, wenn es um die Sicherung der Existenz geht, werden die Menschen sehr kreativ ;-)

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Ihr beiden,
    Leander Wattig hat inzwischen geantwortet - wenn ich das recht verstehe, sieht er die Spendenplattformen nur als Zusatz-Einnahmequelle. Übrigens kann man ihm kaum vorwerfen, dass er von der anderen Seite keine Ahnung hat - wenn sich einer bei allen Seiten informiert, dann er.

    Das Schlimme ist - mir geht's wie euch beiden, gleichzeitig! Für mein Blog kann ich mir Flattr od. Kachingle gut vorstellen, wenn ich dann nicht mit Paypal zu tun hätte und wenn mehr Leute mitmachten (anfangen muss man einfach). Ich fände es schön, nicht nur ständig Arbeit und Arbeitszeit zu verschenken, sondern auf freiwilliger Basis für meine Leistung bezahlt zu werden. Denn machen wir uns nichts vor: Das ist oft journalistische Arbeit, für die ich früher Monatsgehälter bekam.

    Aber für Bücher? Richard, ich kann das verstehen, was du sagst. Ich habe auch schon in höchster Not Geld angenommen. Aber nie ohne Gegenleistung und diese Gegenleistung war nicht mein Buch. Ich habe es abgearbeitet. Nun bin ich in einer anderen Situation als du - wenn ich mit einem Buch ankomme, erhalte ich ja einen Vorschuss. Das ist jämmerlichst, auf Stunden umgerechnet, aber ich brächte es nicht fertig, dann noch Spenden anzunehmen.

    Ich sehe nämlich in deiner und Wattigs Argumentation ein politisches Problem. Verbindet man die alten Boheme-Geschichten mit der modernen Spendenversion, entbindet das die Beteiligten, die Autoren, Übersetzer und Illustratoren für ihre Arbeit zu bezahlen haben, noch mehr von ihrer Verantwortung. Die teilen sich dann lieber noch größere Kuchenstückchen, weil die Autoren ja irgendwie "ausgehalten" werden.

    Wie z.B. sollen Übersetzer für angemessene Tantiemen und Beachtung kämpfen, wenn man ihnen sagen kann: Holt euch doch Geld von euren Lesern? Und noch eins draufgesetzt: Wir übersetzen nur noch Bücher, wo Leser bereit sind für genügend Spenden?
    ...

    AntwortenLöschen
  4. ... Dieses Auslagern auf die Leser, dieses Spenden- und Mäzenatentum nimmt uns Urhebern noch mehr die Macht, über Verträg eisern verhandeln zu können - und den Gewerkschaften und Verbänden ebenfalls. Warum soll man Menschen besser bezahlen, wenn sie doch genügend Almosen bekommen können?

    Mir selbst nähme es beim Buch (nicht beim Bloggen und kleineren Diensten) die Würde. Ich möchte nicht in einem Beruf arbeiten, in dem ich lebenslang auf Spenden angewiesen bin. Ich möchte in einem Beruf arbeiten, wo man meine Leistung anerkennt und ordentlich entlohnt. Ich möchte kein Sozialhilfesystem der Leser.

    Aber es ist politisch und wirtschaftlich eben unbequemer, sich zu fragen, wie man Urheber zu als wertvoll erachteten Mitgliedern der Arbeitswelt macht. Ich halte sehr viel mehr von französischen Experimenten gegen das Prekariat bei Künstlern, die z.B. Kulturarbeit in Unternehmen bringen (irgendwo Bericht im Blog). Also die Künstler nicht nur sichtbarer machen, sondern ihnen damit Zusatzarbeit verschaffen. Bezahlte Arbeit, keine Spenden für unterbezahlte Arbeit!

    Ich denke, Richard, da bist du als Selbstverleger, der alles auch noch finanzieren muss, einfach in einer anderen Position. Wattig hat aber diese Idee für Verlagsautoren! Ich möchte bei meiner nächsten Vertragsverhandlung nicht hören: "Suchen Sie erst mal tüchtig Spenden und dann sehen wir weiter, ob sie einen Vorschuss bekommen." Oder: "Schauen Sie zu, dass ihr Buch mehr Mainstream wird und Fanstimmen bekommt, dann bewerben Sie sich nochmal."
    Das wäre die Konsequenz.

    Und die Urheber im Verlagsgeschäft betrachten derzeit überall mit Sorge, dass es bereits solche Tendenzen gibt. Nicht zum Segen der Urheber.

    Kleine Utopie: Komisches Gefühl, von Lesern Spenden zu erbitten, während um meine Bücher der Rabattkrieg tobt!

    AntwortenLöschen
  5. "Verbindet man die alten Boheme-Geschichten mit der modernen Spendenversion, entbindet das die Beteiligten, die Autoren, Übersetzer und Illustratoren für ihre Arbeit zu bezahlen haben, noch mehr von ihrer Verantwortung."

    Du nimmst mir die Antwort ab.
    1668cc, gegen Stipendien/Spenden ist natürlich überhaupt nichts zu sagen, im Gegenteil, Stipendien sind dringend notwendig (auch wenn gelegentlich behauptet wird, es gäbe davon viel zu viele - was nun auch wieder bezeichnend ist!).

    Aber das alles sagt schon vieles aus über die Wertschätzung von Autoren und ihrer Arbeit.

    Es ginge auch anders.
    Ob es heute noch so ist, weiß ich nicht - bis vor wenigen Jahren war es jedenfalls noch so, daß z.B. Island einen Teil der Mehrwertsteuer dazu benutzte, um Autoren ein Monatsgehalt (in Höhe eines Lehrergehalts) zu zahlen, weil man den Standpunkt vertritt (vertrat?): Literatur ist die Grundlage unserer Existenz.

    (Hab gestern einen Film über Halldor Laxness gesehen, der seit seinem 27. Lebensjahr ein solches Gehalt bezog).

    AntwortenLöschen
  6. @Richard
    Buchverkauf, Subskription, Honorar für Nebenleistungen etc. sind keine "Förderungen", sondern ganz normale Honorierungen, die einem hier arbeitenden Menschen zustehen!

    Ein Bäcker käme nie auf die Idee, beim Brötchenverkauf von "Förderung" zu sprechen, nur weil ihm das Rezept der Großmutter vielleicht am Herzen liegt. Und wenn er im Café neben der Ladentheke das Brötchen zum Kaffee teurer verkauft, gehört auch das zum normalen Geschäft, weil er Heizung und Service bezahlen muss.

    Schlagen wir unserem Bäcker doch einmal vor, er könne das Großmutterrezept flattrn oder kachingeln, dafür dürften die Brötchen ruhig schlecht bezahlt werden. Und dann sollte der Depp nicht einfach die Welt mit Sesambrot beglücken, sondern gefälligst erst mal auf der Bäckerplattform im Internet genügend Fans für Sesam sammeln. Wenn er Glück hat, nimmt ihn die Bäckerkette Krümel auf und veröffentlicht sein Sesambrot. ;-)
    Ach, die alten Omis, die sein Sesambrot so lieben, machen nicht in Social Media? Pech. Angebot und Nachfrage.

    AntwortenLöschen
  7. Liebe Frau Cronenburg,

    Wattig antwortet Ihnen: "Die Plattformen sind so jung, dass man keine verlässlichen Zukunftsaussagen treffen kann."

    Blubb!

    Warum trifft er dann Aussagen?

    Ich würde vorschlagen, Autoren werden künftig an der Armentafel und bei der Kleidersammlung vorrangig bedient.

    Wattigs Gedankengänge sind zynisch und asozial. Darüber zu diskutieren, hebt sie auf ein Niveau, dass ihnen nicht zusteht.

    Dieses neoliberale Geschwätz ist nur möglich, weil hierzulande nur noch 20 % der Arbeitnehmer organisiert sind. Deswegen erregt hierzulande auch ein Tiefbahnhof die Gemüter, während bei Ihnen in Frankreich die beabsichtigte Rente mit 62 zu Aufständen führt.

    Salü M. Mala

    AntwortenLöschen
  8. Lieber Herr Mala,

    auch ich frage immer,wenn ich etwas Neues erfahre: Cui bono - wem zum Nutzen?
    Dann haben Sie die Antwort, warum derzeit Beiträge über solche Plattformen wie die Pilze aus dem Boden sprießen: Einige Firmen / Verlage investieren dort im Moment eine Menge Geld - und das muss sich lohnen.

    Auch ich wurde diesbezüglich bereits werberisch von einem Konzern angeschrieben - umsonst, denn ich bin unbestechlich.

    Das Thema Verdienstspannen, Prekariat und damit verbundene Themen liegt mir schon am Herzen. Denn ich erlebe den Wahnsinn ja am eigenen Leib - zwischen dem Honorar für eine literarische Übersetzung und der eines Idiotentexts in der freien Wirtschaft, zwischen der Bezahlung als Buchautorin oder als PR-Texterin.

    Käme mir morgen ein Kunde aus der freien Wirtschaft, ich solle doch erst mal fröhlich kachingeln und dann ruhig ein schlechtes Honorar akzeptieren - den würde ich aber ganz schnell dorthin schicken, wo der Pfeffer wächst! ;-)

    Was mich an den ganzen Diskussionen aufregt, ist einmal, dass die Seite der Urheber nie vorkommt und seltenst gefragt wird. Und zum anderen wundere ich mich über das tiefe Schweigen der Berufsverbände und Gewerkschaften zu all den neuen Entwicklungen (wobei die Übersetzer noch am aktivsten sind). Verschlafen die die Zukunft?

    Schöne Grüße,
    Petra vC

    AntwortenLöschen
  9. "Mit Flattr & Co. ließe sich aber ermitteln, welcher Text auf eine echte Nachfrage stößt."

    Das ist so ein Satz in Herrn Wattigs Artikel, bei dem es mich eher leicht graust.

    Wie das dann aussieht, kann man in den großen Buchhandelsketten besichtigen - massenhaft Stapelware... und kein Platz mehr für echte Schätze.

    AntwortenLöschen
  10. Liebe Frau Cronenburg,

    der VS (Verband deutscher Schriftsteller) ist durchaus aktiv. Er ist im Gespräch mit dem Börsenverein über Ergänzungen des Normvertrages (Einbindung des E-Books). Über weitere Vergütungsregelungen (Sachbuch/Kinderbuch) zu verhandeln ist allerdings schwierig, solange man hierfür keinen Verhandlungspartner findet. Bei den Übersetzern sind dagegen die Verhandlungen schon länger unterbrochen, und man wartet auf die Urteilsbegründungen des BGH.

    Sehr viel läuft unbeachtet von der Öffentlichkeit über die Lobbyarbeit des EWC (Europan Writer Concil) in Brüssel. Hier ist der VS stark mit eingebunden. Diese Arbeit ist durchaus erfolgreich und zeitigt interfraktionell im Europaparlament Wirkung.

    Sicher würde ich mir auch eine vernehmbarere Stimme des VS zu den Problemen in der Öffentlichkeit wünschen. Allerdings sind die Herrschaften der Feuilletons immer noch so "internetbesoffen", dass sie eher den Piraten und der "KostnixKultur" Zeilen einräumen, hingegen sich den bedachten und urheberfreundlichen Stimmen versagen. Erst allmählich, nachdem ihnen die KostnixKultur selbst das Geschäft verdirbt, setzt ein Umdenken ein. Aber es ist derzeit eher ein nachdenken über ein mögliches Umdenken. Lieber denkt man da über ein Leistungsschutzrecht nach, als wären die Verleger die Urheber ...

    Herzlichen Gruß
    Matthias Mala

    AntwortenLöschen
  11. So. Diese OpenID-Sache ist ja nicht schlecht, aber ich bin dann immer als "1668cc" benamst. Klingt wie ein Roboter.

    Wie zu vor gesagt, am Ende geht es nur darum, dass die Kreativen, die Künstler das Auslangen finden. In Österreich gibt es eine Reihe von Förderungen von den Kunst- und Kulturbetrieb, aber dieser Dschungel ist nicht leicht zu durchschauen und zu meist gibt es politische Einflussnahme und alles dreht sich darum, wen man kennt und wer einem kennt und so weiter und so fort.

    Aber nicht nur die Urheber tun sich schwer, auch die Macher, die Umsetzer, die Verleger. Gerade heute das Interview mit 5 Indie-Verlegern gefunden. Schon ein Jahr alt, aber zeitlos gültig. Denen geht es auch nicht gerade gut. Einer musste seinen "Laden" dicht machen. Hier der Link zum Artikel: http://bit.ly/fYNxW

    Das ursächlichste Problem: Was ist Kunst, wer ist Künstler? Was ist Literatur, wer ist Literat, Schriftsteller, Autor, Dramatiker, die unterstützt, gefördert, bezahlt werden sollen?

    Und ob man die Chose Honorierung oder Förderung für geleistete Arbeit bezeichnet, ist (für mich) Jacke wie Hose. Freilich, fürs Selbstbewusstsein ist ersteres natürlich vorzuziehen.

    Leander Wattig hat in seinem Vortrag auch eine interessante Statistik gezeigt: in England verdienen die Top-Ten-Autoren rund 60 % aller Einnahmen. Die restlichen zigtausend (wie viele?) Autoren prügeln sich um die 40 %

    Jetzt geh ich aber mal heia :-)
    Servus aus Wien
    Richard

    AntwortenLöschen
  12. Okay, über die Rechtschreibfehler bitte gnädig hinwegsehen, ist ja schon spät, nicht.

    AntwortenLöschen
  13. @Matthias Mala
    Danke für die Einblicke in die Arbeit des VS u.a. - dann ist das wie beim Europaparlament - das Volk weiß auch kaum, was für es getan wird ;-) Nun schweigen ja leider auch die Branchenblätter, aber die sind meines Wissens in D. auch eher für Verlage?

    @Richard:
    Rechtschreibfehler werden hier erst ab 3 Uhr morgens lektoriert.;-)
    Wichtiger Aspekt, das mit den Verlagen. Ohne Mäzene und Sponsoren / Investoren geht da heute bei vielen nichts mehr.

    Ich glaube wie Jan, dass es effektivere Förderungsmöglichkeiten gäbe und füge noch an, dass in Irland z.B. Autoren steuerbefreit waren (sind?), in Polen Künstler einen niedrigeren Steuersatz zahl(t?)en oder in Frankreich unabhängige Qualitätsbuchhändler ein Qualitätslabel und Steuerbefreiungen bekommen. Damit lässt sich dann auch *vorausschauend* wirtschaften. Nur ein paar Beispiele von vielen. Aber Beispiele, wo nicht Dritte an der Spendenfinanzierung verdienen, die im Übrigen in den USA ein großes Geschäft ist. Vergessen wir mal nicht: Das sind keine Sozialeinrichtungen, sondern Firmen!

    Top Ten der Autoren verdient am meisten - das ist bei Managern, Ärzten etc. auch nicht anders. Vor Jahren konnten aber Nonames noch gut von Büchern leben - das ist in den letzten Jahren durch sinkende Vorschüsse, weniger Vermittlungen / Lesungen / höhere Marktkonzentration / Unsichtbarkeit von Büchern etc. eingebrochen. Wir HATTEN mal bessere Zustände.

    @Jan
    Meine Prophezeiung für die Zukunft: Wir erleben derzeit mit dem "Plattform"-Autorenmarkt, was das Fernsehen durch die Erfindung der Privatsender durchmachte. Schön, wenn eines Tages in vielen Jahren ein paar irre tolle Spartensender übrigbleiben. Der Rest guckt RTL ;-)

    AntwortenLöschen

Deine Sicherheit:
Mit restriktiven Browsereinstellungen kannst du nur als "Anonym" und mit "Namen / URL" kommentieren. Möchtest du dein Google-Profil verwenden, musst du aktiv im Browser unter "Cookies von Drittanbietern" diejenigen zulassen, die nicht zur Aktivitätenverfolgung benutzt werden. Nur so kann das System dein Profil nach Einloggen erkennen.

Mit der Nutzung dieses Formulars erkläre ich mich mit der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten durch Google einverstanden (Infos Datenschutz oben im Menu).
(Du kannst selbstverständlich anonym kommentieren, dann aber aus technischen Gründen kein Kommentarabo per Mail bekommen!)

Spam und gegen die Netiquette verstoßende Beiträge werden nicht freigeschaltet.

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Powered by Blogger.