Sein statt Verkaufen

Falls Ihre einzige Motivation für Kunst das Verkaufen ist und Ihre intellektuelle Hauptbeschäftigung nicht das Werk selbst, sondern wie man es zu einem verkäuflichen Produkt macht, dann sind Sie kein Künstler. Dann sind Sie einfach ein Kruschtelladen.
Zu diesem Schluss kommt die australische Künstlerin Hazel Dooney in ihrem Blog und gibt Tipps, wie sich Künstler "kunstadäquat" im Internet vermarkten können. Dabei spricht sie aus, was andere kaum zu sagen wagen: Tipps für Künstler in Sachen Social Media kommen in den meisten Fällen von Menschen, die selbst keine Kunst schöpfen und ganz andere Interessen haben. Recht hat sie, es sind oft Galeristen, Verkäufer, ja Kunstunternehmer und Kulturmanager, von denen man zwar lernen kann, von denen man sich aber auch gründlich distanzieren muss, um bei sich und der eigenen Kunst zu bleiben.

Was sie einfordert, kann auch Künstler anderer Sparten zum Nachdenken bringen: Rücken wir wieder unsere Inhalte in den Mittelpunkt, nicht ihre Verkäuflichkeit oder das Jagen nach Aufmerksamkeit. Eine nachhaltige Kundenbeziehung endet nicht zwingend mit einem Verkauf. Information und Integrität sind Werte für Hazel Dooney im Dialog mit dem Publikum, aber auch dieses undefinierbare Etwas, das vom Kunstwerk auf den Betrachter überspringt. Wer ein Buch liest, ein Bild betrachtet, erlebt das direkt - aber wie lässt es sich im Internet vermitteln?

Eigendarstellungen von Künstlern und ihren Werken sollten Emotionen vermitteln und vor allem Authentizität, sagt sie. Und das beinhalte eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Kunst, ein Sichtbarmachen der eigenen Reflexionen. Vor allem aber künstlerische Arbeit. Ein äußerst lesenswerter Beitrag!

Ich denke, solches "Marketing" ist nicht einfach. Es findet sich wahrscheinlich nicht deshalb so selten, weil es jede Menge Professionalität verlangt - solche Aufgaben kann man schließlich heute von Profis machen lassen. Nicht auslagern kann ich mich als Künstler selbst; wenn ich authentisch sein will, wenn ich die Emotionen meines Schaffens vermitteln will, muss ich mich zeigen. Muss mich für die Menschen da draußen öffnen. Und das ist auch immer ein Stück weit Entblößen: Man macht sich angreifbar, verletzbar. Denn Kunst ist immer auch Auseinandersetzung mit Schwächen, mit Abgründen, mit all dem, was ein Marketingexperte tunlichst aus der Öffentlichkeit heraushalten würde, weil es jede perfekte Strategie zunichte macht.

Die Hyänen im Internet lauern nur auf solche Schwächen, warten nur darauf, ihre Reißzähne in die Weichteile zu schlagen. Und die allzu Perfekten, die smarten Käufer und Verkäufer, die wollen Superstars und Plastikgötter, nicht Menschen, die vielleicht bescheiden gestehen, dass sie mit ihrer Kunst auch einmal straucheln und versagen. Auch Hazel Dooney spricht davon, dass man bei diesem Weg der persönlichen Authentizität immer wieder auf Ablehnung stößt - da muss man durch. Dafür braucht man Standvermögen und Selbstwertgefühl. Was zurückkommt, ist so unendlich viel reicher als Kundenreaktionen auf Marketing, als reine Klick- und Followerzahlen.

Es braucht einen eigenen Kopf für eine solche Selbstpreisgabe nach außen, einen sehr dicken sogar. Aber manchen, die derart bei sich und ihrer Kunst bleiben, gelingt dann mit der multimedialen Darstellung fast schon ein eigenes "Parallelkunstwerk". Ein kleines Beispiel können Kunst- und Buchliebhaber in einem Video erleben, das einen eintauchen lässt in die Sinnenfreude von Papier und Bildern, in die haptischen und visuellen Genüsse eines Kunstbuchs.
Für beide Links bedanke ich mich bei Tulibri, die mit ihrem Blog noch viel mehr Appetit auf Bücher und Kunst und Buchbindekunst macht.

Ein Kunstbuch entsteht:

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