Buchmacher

In den Medien sucht man immer wieder nach einer Bestsellerformel. In Autorenforen machen sich Anfänger viel zu viele Gedanken darüber, wie man angeblich schreiben müsse, um vom Fleck weg berühmt zu werden. Gerüchte besagen, Aufmerksamkeit sei vom Verlagsnamen abhängig. Eine ganze Branche verdient lustig Geld mit Schreibratgebern und Schreibschulungen für erfolgsgierige Jungschreiber und allzu lang erfolglose Altschreiber.

Dem setzt die ZEIT einen hochspannenden, erstaunlich offenen Artikel über das Making of eines Sachbuchs entgegen. Hier können auch ältere Hasen noch vielsagende Einblicke erfahren. Reicht es wirklich, ein Buch zu schreiben und zu drucken? Was passiert mit der Ware Buch, wenn der Autor seine Pflicht und Schuldigkeit getan hat? Wie viel Glück, wie viel Politik, wie viel Willkür stecken hinter einem Erfolg?

Der Fall um den unbekannten Autor Friedrich Schorb ist nicht ganz typisch. Denn das Märchen beginnt schon damit, dass er über einen Zeitungsartikel entdeckt wird und Verlage gleich reihenweise nach einem - noch ungeschriebenen - Buch fragen. Der arttypische unbekannte Autor rackert sich dagegen oft Jahre in einem brutalen Bewerbungsmarathon ab; muss lernen, mit Rückschlägen, Formbriefen und manchmal sogar unhöflichen Absagen zurechtzukommen. Um vielleicht eines Tages in einem kleineren Verlag zu starten, mit weitaus geringeren Honoraren. Wie weit die auseinanderklaffen können, zeigt die ZEIT dankenswerterweise anhand von Zahlen.

Schorb hat verdammt viel Gück gehabt am Anfang. Umso deutlicher wird an seinem Beispiel die Allmacht der Marktkonzentration im Buchhandel augenfällig, die Willkür der Profitgier und die Abhängigkeit von den Medien, die fast an ein Ausgeliefertsein zu grenzen scheint. Ein bißchen hat das alles wirklich von der Arbeit von Buchmachern. Vielleicht musste ich deshalb an das Doping von Pferden denken, als ich las, dass Kettenbuchhandlungen Bücher in Regalen nur als Tapete für ihre Tische einkaufen. Wir Autoren wissen das ja längst. Aber wissen es die Kunden?

Wer den absolut empfehlenswerten Artikel gelesen hat, wird womöglich hochrechnen können, welche Nerven Autoren haben müssen, wenn die weniger glücklichen Alltäglichkeiten des Buchgeschäfts zuschlagen: Vielleicht einigt sich die Programmkonferenz auf ein Killer-Cover, vielleicht bekommt man keine Vorstellungsseite bei den Vertretern, vielleicht bespricht keiner das Buch, weil Literaturnobelpreis und Buchpreis schon alle Seiten füllen, vielleicht wird der Verlag kurz nach Erscheinen verkauft, vielleicht erscheint gleichzeitig bei der potenteren Konkurrenz das gleiche Thema, vielleicht wird der feine Verlag bei den Ketten ausgemustert, vielleicht bekommt man gar keine Werbung...
Roulette ist schöner, sicherer.

3 Kommentare:

  1. A propos Buchmacher & gedopte Pferde: Lies mal dieses Manuskript zu einer Sendung, die vor einiger Zeit in SWR2 lief. Ganz ähnlich gruselig ...

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  2. Du fischst immer so herrliche Perlen aus dem Zeitungsdschungel, Petra ...das sollte ein jeder lesen, der einen Verlag für sein Manuskript sucht-und vielleicht auch jeder Leser.

    Herzlichst
    Christa

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  3. @Manuel
    Der Link ist so lesenswert, dass er noch einmal in einen neuen Beitrag gehoben wird. Danke!
    @Christa
    Die meisten für die Buchbranche relevanten Hinweise grase ich via Twitter oder Feeds ab. Schlimm ist, dass es mehr Lesenswertes gibt als man schaffen kann.

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