Safer S..

Bewusst Nichtgebärende kennen das Gefühl sicher: Plötzlich kommt der Frühling, der letzte Stromausfall ist neun Monate her oder die Maikäfer fliegen. Warum es gerade jetzt passiert, weiß so recht keine, aber man ist umringt von Hochschwangeren oder frisch gebackenen Muttis. Und dann steht Frau machtlos da, umzingelt von Fachgesprächen über Steißgeburten, Sodbrennen und Namenswahl, bekommt die Zehen von Kleinchen vorgezählt oder erfährt, dass der noch nicht geborene Wonneproppen bereits professorale Talente zeigt.

Lacht nicht. Kinderlose Schriftstellerinnen haben es doppelt schwer, denn die Kolleginnen gebären nicht nur Kinder mit Kopf, Beinen und Armen, sondern auch Buchprojekte, z.B. hier und da. Derzeit gibt es wieder eine Baby-Explosion. Und wenn frau sich einer gewissen Schwelle im Frausein nähert, macht sie sich natürlich massiv Gedanken: Ist es jetzt auch bald für die Karriere zu spät? Was mache ich, wenn der verdammte Buchsprung ausbleibt und sich die Musenhormone langsam verabschieden? Können mir Nachtkerzenöle heimleuchten? Braucht mein Manuskript vielleicht nur noch ein wenig Omega 3, um angenommen zu werden? Sind die Schwitzanfälle vor Bewerbungen normal? Sollte ich es lieber beim Frauenarzt einreichen statt bei einem herkömmlichen Verlag?

Zum Glück habe ich all diese Weiberprobleme nicht. Nach dem ersten Musenkuss wird erst mal wild und hemmungslos einer draufgemacht, mit viel Genuss und wenig Reue. Der Musenkuss kann nämlich noch so erregend sein, die meisten Ideen taugen doch nur für eine Nacht - und die möchte man beim Aufwachen und Frühstücken nicht mehr unbedingt sehen. Sollte die Erotik dann doch nachhaltiger knistern, heißt es zupacken. So mancher geile Entwurf ist derart flüchtig, dass man ihn gern ein Weilchen an den Schreibtisch kettet.

Ich empfehle sogar Schutz und Verhütung! Wer will schon jedes Mal nach gelungenem Vergnügen Serie schreiben oder sich einen von diesen permanent juckenden Plots holen... Sagen wir es laut und deutlich: Am ungeschützten Schriftstellern ist nicht nur Balzac gestorben! Hört nicht auf Verlage, die raten, die Pille wegzulassen - das sind genau die, bei denen man dann im Neun-Wochen-Takt Bestellware runterreißen kann. Und das manchmal für Honorare, die selbst illegal auf der Straße unverschämt wären.

Nicht mal abtreiben kann man die Bälger. Aufgrund von höherem Mütterrat habe ich das mal versucht. Eines Nachts stand diese Tussi mit ihrem Projekt vor mir und hauchte: Nimm mich! Ich hatte gerade nichts Besseres zu tun, sie hatte diese betörenden grauen Augen, ich warf mich in eine Beziehung. Um nach vier Wochen zu merken, dass uns die Realität überholt hatte. Das war nichts fürs Leben. Schluss. Nach höherem Mutterrat wäre das theoretisch eine Abtreibung gewesen. Dann hätte aber Ruhe sein müssen! Ich hätte ja was drum gegeben, wenn das nur ein ungeborener Zellhaufen gewesen wäre.

Aber keinen Monat später stand die Schlampe unter falschem Namen vor meiner Tür und wollte mit mir Leichen beschauen! Ich bin ja immer aufgeschlossen für Neues, aber nach über 200 Seiten habe ich sie an die Luft gesetzt. Was soll ich mit so einem morbiden Weib, das mich obendrein plötzlich aufs Standesamt schleppen wollte, so von wegen "fürs Leben" und "auf immer und ewig dein". Mit mir nicht. Ich bin erst mal in die Kneipen geschlichen, Junggesellenfreiheit feiern, und hab mir tüchtig Wodka reingeballert. Hätte vielleicht auf die Sorte achten sollen. Naja, sie heißt Weronika, hat wieder diese verdammt tollen runden Augen und dunkle kurze Haare, und ich glaube, wir zwei halten es so ungefähr ein Jahr lang miteinander aus. Vielleicht länger.

Weil sie nicht so tut, als wolle sie mein Baby sein (und mir womöglich länger als geliebt an der Backe kleben). Die Frau steht so auf eigenen Füßen, dass ich sie die nächsten Monate nur sporadisch mal besuche. Für eine Nacht, vielleicht auch mal drei. Im Moment treibe ich's ja lieber mit Balletttänzern. Sie versteht das und sammelt derweil Fische. Hach, was werden wir später miteinander... ! Und irgendwann ist es so weit: Dann suche ich eins von diesen Häusern, die sie auf die Straße schicken werden, damit du auch was davon hast und du und du auch.

Ganz ehrlich: Ich bin froh, keins von diesen Lebewesen zu sein, die wie die Jungfrau zum Buch kommen. Unsereins kriegt höchstens mal einen ordentlichen Kater und nicht gleich eine postnatale Depression. Mich macht Bücherschreiben nicht fett und kotzen könnte ich höchstens über Absagen. Ich tapp auch manchmal einfach so rein. So wie jetzt mit dem Nijinsky.

Was ich aber total pervers finde, das sind diese Verträge mit Abgabetermin. Ich finde, das ist doch nicht normal, dass unsereins sich erst austoben kann und dann punkt Uhrschlag die Quelle der Lust an wildfremde Leute in Verlagen weitergeben soll. Nur damit die auch mal können. Manche sind so schlimm drauf, dass sie auch noch Sonderwünsche haben: "Schmeiss mir ne starke Frau rüber" (heimliche Freude vor allem bei Lektorinnen). "Ich tät's ja zu gern mal mit 'nem Vampir...". "Mach's sanfter." Ob deshalb so viele Romane ein Happy End haben?

Sollen die mal nur heiraten da draußen. Von mir aus sich auch fleißig Babys machen lassen. Ich greif mir dann die willigen Projekte ... und am liebsten gleich zwei auf einmal.

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2 Kommentare:

  1. Na das hab ich ja wieder gerne!
    Rumtreiben, den Tag verschludern, Orgien feiern mit russischen Tänzern, saufen und dazu noch willige Projekte und gleich zwei auf einmal? Und die Verantwortung? Und die Rente? Wer zahlt die später??

    Weißt du überhaupt, wie weh das einer Mutter tut, wenn schon das erste Ultraschall ergibt - es wird ein Mörder? Eine gute Mutter wünscht natürlich allen ihren Babies nur das Beste, selbst dem Mörder wünsch ich von ganzem Herzen Erfolg. Aber wie ist es denn im wahren Leben?
    Erst streicheln sie alle den Bauch und rufen "ach wie süß", dann will sie keiner haben, die Brut.
    Aufnahmeanträge musst du meist schon lange vor der Geburt stellen und dann, so kurz vor der Einschulung des Kindes kommt die Absage für den Krippenplatz. Ihr Kind passt leider nicht in unser Programm... tja... wer will auch schon einen Mörder in der Gruppe. Nicht jede Frau kann einen Vampir gebären, sag ich da immer, oder - es muss doch auch die anderen geben... aber darauf folgt meist nur ein sanftes Tätscheln und ein "wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Suche"

    Trotzdem nehmen wir Mütter das alles immer wieder gerne auf uns. Denn eins ist mal klar: Während einer Schwangerschaft darf man essen, bis es einem zu den Ohren rauskommt, hemmungslos, man darf sich ausdehnen, breitmachen und (!!!) man muss gar nicht verhüten *g*

    Ach ja.. und wer hat eigentlich von Hochzeit gesprochen??

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  2. Herrlich, herrlich, MEHR! Gebt's mir!!!

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