Mit Rosen würzen

Wer einen Rosengarten hat, kann gar nicht so viele Duftsäckchen basteln wie Rosenblüten geschnitten werden müssen. Schade um die Pracht, wenn sie einfach so herunterfällt. Dabei kann man mit Rosenblüten jede Menge anfangen - zum Beispiel Kochen!

Wie schmeckt das?

Zugegeben, zuerst gewöhnungsbedürftig, auch für Rosenliebhaber. Und im Gegensatz zu anderen Aromen schmeckt man sofort die Qualität. Selbst im Hochpreissegment sind jede Menge gefälschter oder künstlich geschönter Rosenprodukte auf dem Markt, deren Geschmack entweder aufdringlich süß ist oder an Seife und Parfum erinnert. Echte Rose schmeckt nicht derart vor. Auf der Zunge ähnelt sie ihrem Duft zu Lebzeiten. Ihre unaufdringliche Süße hat Unternoten, kann honigartig oder blumig sein, krautig und bisweilen sogar pfeffrig. Dazu kommt - was man weniger vermutet - eine leicht bittere Note, die dort, wo das Blütenblatt anwächst, am stärksten wirkt. Manche schneiden den Blütengrund deshalb ab. Ich selbst liebe gerade diesen Gegensatz, rein süß wäre Rosengeschmack für mich - außer in Desserts - unerträglich. Wer die reichhaltigen Düfte von Rosen kennt, ahnt bereits: Nicht jede Rose eignet sich für die Küche!

Wie ernte ich die Rosen?

Für die Küche eignen sich nur stark duftende Rosen, am besten historische und englische, Damaszenerrosen natürlich und deren Abkömmlinge. Moderne Duftrosen sollte man vorher probieren - sie haben gern diesen seifigen Nebengeschmack, den man auf der Zunge nicht liebt. Helle zarte Sorten sind leichter in Sirup oder Alkohol zu verarbeiten. Wer Rosenwasser oder Rosenöle fertig kaufen will, sollte beachten, das hier am fleißigsten mit Chemie gepanscht wird und der Laie das selten erkennt. Echte Produkte in guter Qualität sind echte Investitionen. (In meiner Kulturgeschichte "Das Buch der Rose" finden Sie ein ausführliches Kapitel zur Rosenölherstellung und den Tücken der Aromafälschungen. Dort finden sie auch die Rosensorten, die historisch wie aktuell zur Ölgewinnung genutzt wurden).

Wir ernten also selbst, nie in der Nähe von Straßen und nie von gespritzten Rosen! Wer nicht sicher ist, ob eine Rose gespritzt worden ist: Finger weg, sonst landet der Giftcocktail im Kochtopf (zumal Blumenspritzmittel nicht wie Gemüsespritzmittel für den Verzehr hergestellt werden!)
Geerntet werden die geöffneten Blüten am frühen Morgen, bevor die Prallsonne kommt - in trockenem Zustand. Fürs reine Würzen ernte ich auch noch ältere Blüten, die kurz vor dem Verfärben stehen. Ich streife die Blütenblätter mit der Hand ab - und verschneide die Rose später.

Welche Rosen ernte ich?

Ideal sind, wie gesagt, Damaszener- und Duftrosen. Meine persönlichen Lieblinge sind dabei die Rose de Resht und Tradescant von David Austin (Foto oben, vergrößerbar). Erstere besticht durch unaufdringlichen, harmonischen Damaszenergeschmack, dessen leichtes, angenehmes Bitteraroma dafür sorgt, dass das Blumige nicht zu "kitschig" kommt. Tradescant ist so etwas wie der kräftige Bruder - da schreit jede Note "hier!" und geht auch in einem Curry nicht unter. Sie trocknet vor allem wunderschön schwarzrot. Sehr viel zarter und blumiger ist eine Rose, deren Bedeutung in der französischen Parfumindustrie ich in meinem Buch beschrieben habe - sie gibt also auch ideale Sirupzubereitungen oder Kosmetika ab: Ulrich Brunner (Foto).

Die Blütenblätter werden auf einer luftigen, trockenen Unterlage ausgebreitet und unter ständigem Wenden möglichst schnell angetrocknet. Das macht man zwar normalerweise im Halbschatten, aber in unseren Breiten funktioniert das klimatisch nicht immer ohne Schimmeln und Faulen. Ich lege die Blütenblätter in einer Obstkiste aus und brate sie in praller Sonne auf meinem Auto an, bis sie leicht raschelig werden (Südwände tun's auch). So geht zwar einiges Öl verloren und die Farben verändern sich, aber diese Blütenblätter halten auch für Dekorationen mindestens ein Jahr. Die bewahrt man am besten trocken, bei maximal Zimmertemperatur und ohne Licht auf, also in Papiertüten oder Dosen.

Würzen mit Rosen

Rosensalz
Hiermit können Anfänger nichts falsch machen. Man nehme gutes Meersalz, z.B. Sel de Guérande oder sogar die handgesammelte Fleur de Sel (Salzblüte). Dazu kräftig duftende / schmeckende Rosen wie z.B. Tradescant oder Damaszenerrosen in schöner Farbe. Die rascheltrockenen Blütenblätter werden zerkleinert. Wichtig: Möglichst wenig mechanische Belastung, sonst verliert sich das Rosenöl (z.B. in der Maschine, beim Mörsern). Etwas arbeitsaufwändig aber schonend: Zuerst möglichst kleinschneiden mit Wiegemesser oder in einem breiten Glas mit der Schere. Dann mit den Fingern zerkrümeln. Sofort mit dem Salz in ein gut verschlossenes Glas geben, gut durchmischen und etwa eine Woche ziehen lassen. Menge nach Belieben, es sollte tüchtig viel Rot im Salz sein. Das Salz wird durch das Rosenöl feuchter, wird dann am besten mit den Fingern aufgestreut. Am duftigsten entwickelt es sich, wenn man es erst bei Tisch aufstreut.
Passt zu sanften Pastasaucen, Senfsaucen, weißem Fleisch, Fisch und vielen exotischen Zubereitungen.

Rosenpfeffer
Hierzu mische ich Rosenblüten in etwas groberem Schnitt mit schwarzem und weißem Pfeffer, Koriandersamen und "baies rouges" - diesen roten getrockneten Beeren, von denen ich den deutschen Namen nie weiß (kann mir jemand helfen?). Entweder mörsern und gut verschließen oder alles in eine Pfeffermühle füllen. Dann aber darauf achten, dass diese auch die Rosenblütenteile zerdrückt und nicht verklebt. Verwendung wie oben. Die Rose schmeckt hier kaum vor, sie mildert aber die Pfeffernoten sanft ab.

Rosensirup
Der sollte, falls gekauft, wirklich rein sein - und das bekommt man im Supermarkt nicht! Den ultimativen naturreinen Rosensirup fand ich in den Neunzigern in Polen. Damals gab es an der Grenze bis nach Deutschland hinein immense Rosenfelder aus Wildrosen, die traditionell verarbeitet wurden. Vor allem Kinder mischten sich damit ihre Limonade, dem Sirup wurden auch heilende bis aphrodisiakische Wirkungen nachgesagt (über die tatsächliche Wirkung von Rosen mehr in "Das Buch der Rose"). Ich fürchte nur, diese Felder könnten inzwischen der europäischen Normierung zum Opfer gefallen sein.

Bereiten Sie einmal einen Kir Royal (Kir Rosal?) mit Rosensirup zu - verwenden Sie aber unbedingt einen Sekt mit unaufdringlichem Eigenaroma (ideal: die billigen Vin Mousseux in Frankreich) und dosieren Sie den Sirup extrem sparsam! Rosensirup macht sich natürlich auch gut in allen möglichen Desserts und zu Eis. Mein Favorit: Vanilleeis, ein winziger Schuss Rosensirup, Sekt und mit dem Rührstab pürieren - noch eine Eiskugel hinein, fertig.

Saucen mit Rosen
Selbst Kochen kann man damit - immer dann, wenn ein Gericht eine gewisse Süße und Blumigkeit verträgt. Der Sirup lässt sich am leichtesten in Saucen verarbeiten, man kann aber stattdessen auch reichlich Rosenblüten aufstreuen. Nicht zu lange mitkochen, aber lang genug, dass die Blüten ihr Aroma abgeben!

Ideal also für indische und chinesische Rezepte, vor allem blumige, duftende Currys. Sie finden außerdem jede Menge arabische und indische Rezepte, die traditionell mit Rosengrundstoffen zubereitet werden. Aber auch das heimische Schwein oder die Hühnerbrust gewinnen mit einer solchen Sauce überraschend neue Seiten. Rosensirup mag ich am liebsten in Kombination mit Sahne, Senf oder grünem Pfeffer. Persönlich ziehe ich allerdings das zuckerlose Würzen mit den Blütenblättern vor und habe außerdem eine Wildsauce aus Hagebuttenmarmelade im Repertoire (abgedruckt in: "Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt.")

Man muss mit Rosen erst ein wenig experimentieren, weil hier die Geschmäcker wirklich sehr unterschiedlich sind - und auch jede Rose anders kommt. Vielleicht riechen Sie demnächst nicht nur an ihren Rosen, sondern knabbern neugierig an ihren Blüten? Übrigens: Schön verpackt haben Sie mit diesen Rosenzubereitungen ideale Geschenke.
Auf alle Fälle: Guten Appetit!

Sie können mich übrigens demnächst live erleben - bei einer Lesung aus meiner Kulturgeschichte der Rose, einer Reise von 5000 Jahren durch Kunst und Literatur - am 14. Juli in der traumhaften Gönneranlage in Baden-Baden. In diesem Jugendstil-Rosengarten bleibt anschließend sicher Zeit für ein persönliches Gespräch unter "Rosomanen" - ich freue mich auf Sie!

Weitere Infos:



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